Wir legen großen Wert auf handwerkliche Techniken; denn im Musikinstrumentenbau gibt es vieles, was die geübte Hand besser kann als die Maschine. Wie Sie sehen, setzen wir nicht auf Massenfertigung. Wir möchten ein kleines Instrumentenbau-Atelier bleiben, um bei jeder entstehenden Flöte mit Herz und Seele dabei zu sein. Vom Rohstoff bis zur Verpackung.
Durch diese persönliche Auseinandersetzung wächst uns jedes Musikinstrument auch ans Herz – fast so etwas wie ein eigenes Kind, um es nach abgeschlossener »Reifeprüfung« in die Freiheit zu entlassen, wo es eine neue Bindung eingeht und das Dasein anderer Menschen bereichert.
Zwar nur mit zwei Angestellten, dafür mit viel Innovationsgeist und spezifischem Fachwissen startete Gerhard Huber 1967 den Betrieb. Fünf Jahrzehnte später bauen wir noch immer als Kleinstbetrieb mit Leidenschaft hochwertige Musikinstrumente und freuen uns, Ihnen unser Handwerk etwas näher vorzustellen.
Zwischen Baum und Blockflöte liegen unzählige Arbeitsschritte – sägen, lagern, bohren, drechseln, fräsen, schleifen, ölen, polieren... Hunderte von Handgriffen stecken in jedem fertigen Musikinstrument.
Maschinelle Feinabstimmung, geduldige Präzisionsarbeit und immer wieder Qualitätskontrollen in den verschiedenen Phasen bieten Gewähr für hochwertige Flöten. Das abschließende Intonieren und Stimmen schenken dann dem Instrument den klaren Klang – seine Individualität. Endlich ist es für seinen musikalischen Auftritt gerüstet.
Zu Beginn in unserer Produktion werden die Bretter auf der Kreissäge zu Kanteln geschnitten. Bei einer ersten Auswahl trennen wir Hölzer mit stark verwachsenen Partien und Verfärbungen von den guten Kanteln. (Diese Ausschussware ist aber dennoch nicht ganz unnütz: sie dient wenigstens als Brennholz.)
Unsere verwendeten Hölzer werden mindestens vier bis fünf Jahre gelagert, bevor sie in die Produktion gelangen. Edle Hölzer deutlich länger: Zehn, zwanzig, sogar dreißig Jahre und noch mehr sind da möglich. Damit gut gelagertes Holz immer zur Verfügung steht, ergänzen wir das Holzlager ständig (bei gewissen Hölzern bereits für die nächste Generation!).
Anschließend erhält jede Kantel auf einer speziellen Bohrmaschine ein durchgehendes zylindrisches Loch. Dabei dreht sich der Rohling und der lange, fest montierte Bohrer „frisst“ sich durch das Holz. Druckluft bläst die entstehenden Späne heraus – das ermöglicht eine präzise Bohrung ohne (für das Holz problematische) Überhitzung.
Beim nächsten Produktionsschritt werden die viereckigen Kanteln rund gedrechselt. Die zukünftige Flöte erhält danach ein „Schönheitsbad“ in warmem Paraffin. Dabei nimmt das Holz an Gewicht und Dichte zu. Warum diese Prozedur? Ohne Anreicherung mit Paraffin würden die meisten Hölzer (mit Ausnahme schwerer und dichter, wie z. B. europäischer Buchsbaum oder Grenadill) kaum klingen und wären gegen Feuchtigkeit wesentlich schlechter geschützt. Diese Behandlung verbessert also auch die akustischen Eigenschaften deutlich.
Man mag gewisse Vorbehalte gegen Paraffin haben, da es sich um ein Erdölprodukt handelt. Aber wir kennen bis heute keine Alternative dafür – außer dem Verzicht auf alle weniger dichten Holzarten. Denn in früheren Zeiten konnte man aus den weicheren Hölzern gar keine Blockflöten bauen. Mittelharte wurden mit einer aufwändigen Leinölbehandlung verdichtet. Wir unternahmen Versuche mit Birnbaumholz und legten Rohlinge zwei Monate in Leinöl ein. Doch die klanglichen Eigenschaften waren im besten Fall halb so gut wie nach einer Paraffinbehandlung.
Beim nächsten Arbeitsschritt erhalten die Rohlinge mit Hilfe von Drehbänken ihre definitive Außenform. Sie ist für die Ästhetik des Instrumentes bestimmend, zusammen mit dem anschließenden Schleifen, Ölen und Polieren.
Eine sorgfältige, lange Trocknungszeit ist der erste Schritt zu guter Qualität. Großen Wert legen wir auch auf die „Ruhepausen“ zwischen den verschiedenen Fertigungsphasen. Nach Zusägen, Bohren, Drehen, sowie der Feinarbeit ruhen die Holzrohlinge immer wieder – im Schnitt vergehen dabei rund zwölf Monate.
Mit einer konischen Reibahle – auch „Räumer“ genannt – wird anschließend die zylindrische Bohrung ausgeweitet. Jedes Blockflötenmodell benötigt einen eigenen Satz von Räumern. Diese speziell für die Herstellung von Blasinstrumenten gebauten Werkzeuge besitzen eine komplexe Form mit einer Schneidekante auf ihrer ganzen Länge. Sie ermöglichen das Ausreiben einer genauen Mensur (Innenbohrung der Flöte) mit einwandfreier Oberfläche.
Fräsmaschinen oder speziell dafür gebaute Bohreinrichtungen sind für die zehn Tonlöcher zuständig. Immer wieder fasziniert, dass auf diesem Instrument mit so wenigen Öffnungen eine chromatische Tonleiter von über zwei Oktaven gespielt werden kann! (Das macht auch verständlicher, dass die physikalischen Zusammenhänge bei der Blockflöte sehr komplex sind und die Stimmung nie vollständig ohne Kompromisse lösbar ist.)
Einen gut funktionierenden Windkanal herzustellen, gehört für den Flötenbauer zu den größten Herausforderungen. In speziell dafür konstruierte Maschinen wird der Kopfteil eingespannt und mit höchster Präzision fräsen sie die komplexe Form von Kanal, Öffnung und Labium heraus. Nicht zuletzt vom Erfolg dieser heiklen Arbeiten hängen schlussendlich Klang und Ansprache der fertigen Flöten ab.
Mit gleicher Präzision muss der Block aus „Zedernholz“ gefertigt werden, damit er ohne Kraftanwendung ins Kopfstück passt. Zwar redet man von der Zeder, da dieses Holz ähnlich duftet, doch gehört es eigentlich zu den Wacholderarten. Es besitzt die außergewöhnliche Eigenschaft, die Feuchtigkeit der Atemluft gut aufzunehmen, ohne stark anzuquellen. Dieser „Block“ ist übrigens für den Namen der Flöte verantwortlich – eben: Blockflöte.
Nun verlassen die heranwachsenden Musikinstrumente den mehr „technischen“ Bereich der Maschinen. Für den Instrumentenbauer beginnt die – fast möchte man sagen „künstlerische“ – Handarbeit. Mit vergleichsweise einfachen Werkzeugen wie Feilen, Schnitzmesser, Schaber werden Block, Labium und Windkanal geduldig und akribisch nachgearbeitet und verfeinert. Dabei spielt das feine Gehör des Bauers eine bedeutende Rolle. Immer wieder probiert er darauf die Schlüßeltöne und überarbeitet die wichtigen Partien – bis das Musikinstrument vollendet ist.
Manche Eigenschaften lassen sich objektiv bewerten; zum Beispiel eine gut ansprechende Höhe, die ausgeglichene Stimmung, die kräftige Mittellage, die stabile Tiefe. Klang und Leichtigkeit, mit der dann musikalische Ideen ausgedrückt werden sind subjektive Aspekte – ebenso der Spielkomfort. Nicht jeder Spielerin und jedem Spieler gefällt das Gleiche. All diese Anforderungen gekonnt in den Bau eines Instrumentes einfließen zu lassen, ist keine einfache Aufgabe.
Der Blockflötenbauer wird hier zum Künstler und verleiht dem Instrument seinen eigenen Klang, seine eigene »Persönlichkeit«. Diese Arbeitsschritte erfordern Geduld, Sorgfalt, Präzision und ziemlich viel Zeit. Doch lohnt sich der Aufwand: Aus einem simplen Stück Holz »erwacht« ein Instrument, das dem zukünftigen Besitzer eine Vielfalt an musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten bietet; ein Instrument, welches das Musizieren zum Vergnügen macht!
Manche Bereiche reagieren während der ersten Spielzeit empfindlich auf die Feuchtigkeit des Atems. Solche Veränderungen sind normal und können gewisse Nachbesserungen erfordern. Danach nimmt das Holz gewöhnlich seinen endgültigen »Platz« ein und die Blockflöte »stabilisiert« sich.
Das Intonieren (die »Klangbildung«) von Blockflöten ist eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit, die – speziell bei den hochwertigeren Instrumenten – nicht selten einem »Hochseilakt« gleicht. Die maßgebenden Parameter, die die Qualität einer guten Blockflöte bestimmen, sind so gut wie unsichtbar; sie befinden sich mehrheitlich im Innern (als Beispiel sei der Windkanal erwähnt). Minimste Unterschiede entscheiden da über gut, mittelmäßig oder schlecht. Schon kleinste handwerkliche Veränderungen des Intonateurs können Segen oder Fluch bedeuten. Seine Arbeit ist ein ständiges Ausloten und Abwägen.
Denn bei allen Bemühungen bleibt eines sicher: Die vollkommen perfekte Blockflöte wird es nie geben. Was bleibt ist ein ständiger Kompromiss: Die Wahl zwischen guter Klangstabilität und Tonreinheit, zwischen federleichter Höhe mit tendenziell schwächerer Tiefe, zwischen kraftvollem Klang mit eher schwergängiger Ansprache im oberen Register...
Die in Großserien automatisiert hergestellten Flöten auf dem Markt klingen mit kleineren Qualitätsschwankungen relativ ähnlich. Das geübte Ohr hört aber den Unterschied zu den handwerklich vollendeten Instrumenten sofort; sie besitzen etwas, das mit Worten kaum beschrieben, mit dem »Herzen« aber durchaus erspürt werden kann – etwas, das Maschinen nicht zustande bringen, wohl aber die Bemühungen des Menschen.
Bis mit sicherer Hand hochwertige Instrumente gelingen, benötigen Blockflötenbauer neben langjähriger Übung und Erfahrung auch Sensibilität und Intuition. Denn nicht nur perfekte feinste Handarbeit mit Feile, Stecheisen und Schnitzmesser sind entscheidend; um der Blockflöte den eigenen, persönlichen Klang zu geben, muss ein »Einfühlen« mit dem werdenden Instrument stattfinden. Das dürfte mit zu diesem Phänomen beitragen, wenn Musiker davon sprechen, dass ihre Gefühle sich auf die Zuhörer übertragen.
Blockflöten für hohe Ansprüche zu erschaffen ist eine wirkliche Kunst. Nicht selten erlebt deshalb ein Instrument bei uns die Fertigstellung nicht und landet statt im Verkaufsregal im Abfalleimer, weil es den Anforderungen nicht genügt.